Stets wohl zu Haus in Dir, warst Du mir zumeist fern – die Zuwegung zu Dir früh schon verbaut durch das Gedankenfutter Deiner beachtlichen Bücherberge, wohl geordnet um Dich wild getürmt, das hiesige Tor zu Deinem Ohr jedoch kaum außerhalb täglicher Sprechstunde geöffnet zur Klärung schulischer Fragen. Im Zauberreich unvergesslicher Kinderseligkeiten von Hefeklößen,, Zimtmilchreis, seelentröstender Schokocreme fand ich Dich zugänglicher zwischen rühren und abschmecken mit einem Löffel voller feinster Vanillesoße nur für mich – alle drei Wochen aber noch köstlicher das gemeinsame Abarbeiten verschmutzter familiärer Geschirrberge bei gleichzeitiger Durchdringung meiner weitschweifig kindlichen Fragen über Gott und die Welt – hier ganz bei Dir, fand ich Dich in kühnen Gedankengängen, auch im Festhalten kruder, erdbrauner Glaubenssätze, fand ich mich: aufsaugend, zunehmend heftig reibend. |
Und wenn auch die Zugbrücke zu Dir stracks hochklappte bei jeglicher Andeutung von Mißmut, Mißachtung, gar offenem Widerstand, ich mich in Deinem schmallippigen Schweigen mitunter verlor, fand ich Dich in all Deinen Herzenszettelchen mit allerliebsten, bunt gemalten Grüßen, viel mehr noch im besonderen Geschenk eines Lächelns sparsamer Zärtlichkeit, doch auch in sorgend liebevoller Nähe. Und wenn die lebenslang leidenschaftlichen Selbstentzündungen Deines Feuerwerks eigener Klänge, Wortmelodien, Seins- und Sinngewissheiten wie auch Dein nachspürendes Auf-, empörtes Nieder-Schreiben Dich zu Deinem Ende in zunehmend düstere Irrgärten eintauchen, zusehends entschwinden ließen, fand ich Dich – festlich final geerdet – schließlich in Deinem Grabspruch wieder, in dem, was Deins war und des Lebens in brausenden Winden, dem Schneegeglitzer, Vogelkreisen, Sommersonne und Abendstern – und damit vom Leben warm getragen. Und heute noch find ich Dich wieder, gelegentlich – in Wiedergängern mütterlicher Schreckgespenster, aber auch mit Deinen mütterlichen Schätzen – in mir! |
Die zwei Seiten hast du in wunderbare Worte gebracht- danke und herzliche Grüsse
Ulli
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Freut mich, Ulli, ich danke Dir und geb Dir das sehr gern uneingeschränkt zurück! Schon frappierend: so unterschiedliche Menschen, gleichwohl so ähnlich… als Mütter
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Eine schöne Würdigung! Ich wünschte, das wäre meine Mutter.
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Danke, Elisabeth! Und nachdem Deine so eindringlichen, auch schmerzlichen Mutter-Bilder mich umgehend in ihen Bann zogen, klingt mir Dein Nachsatz immer vernehmlicher nach… .
Als Kind dachte ich für ein Weilchen, meine Eltern seien nicht wirklich meine, wünschte mir als Heranwachsende mitunter, ich hätte eine ebenso geerdete, völlig unprätentiöse Hausfrauen- und Kümmerinnen-Mutter wie alle meine Freundinnen. Meine offensichtlich so völlig aus dem ‚Schema F(emale)‘ Gefallene verschwieg ich, wenn möglich – und auch heute noch bin ich beim Thema ‚meine Mutter‘ eher einsilbig.
Doch vieles von dem, was wir aus unterschiedlichen Gründen von uns weisen mögen, hat uns auch positiv verwandelt, im besten Fall Selbst-bewußter, durchlässiger, feinnerviger, kreativer werden lassen – wie nicht zuletzt ja gerade auch Deine beeindruckenden Bilder zeigen!
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Stimmt. Wir können an den Mängeln unserer Mütter wachsen.
Penia, Göttin der Armut (des Mangels), galt bei den alten Griechen als Erfinderin der Künste.
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